Eigentlich sagt es einem der gesunde Menschenverstand, dass es Menschen in freundlichen, luftigen Räumen mit viel Grün drumherum besser geht als Menschen in anonymen Betonwüsten. Trotzdem dringt erst seit einigen Jahren das Bewusstsein in die Büros von Entscheidern, Architekten, Planern und Investoren, dass sie den Menschen und seine Bedürfnisse mehr berücksichtigen könnten und sollten.
Ein Bereich, der prädestiniert für eben diese Denkweise ist, ist der der “Gesundheitsbauten”. Damit gemeint sind vor allem Krankenhäuser, wobei hier einmal der kleine Gedankensprung erlaubt sein darf, ob die Begrifflichkeit des “Kranken”hauses nicht schon per se negative Assoziationen mit sich bringt und ob beispielsweise “Heilungs”haus nicht eine motivierende Alternative wäre.
Der Titel ist eine winzige Stellschraube, die unseren Blick auf Krankenhäuser verändern könnte. Viel wichtiger ist, dass sie als Teil des Gemeinwohls wahrgenommen und gesellschaftlich relevant sind. Und das nicht nur seit Corona. Weswegen sie (wieder ein kleiner Exkurs) aus meiner Sicht auch nicht dem Druck unterliegen sollten, wie ein Unternehmen geführt zu werden, dessen Erfolg an der Bilanzsumme gemessen wird. In Krankenhäusern geht es um das existenziellste Gut des Menschen: Seine Gesundheit. Und wir wissen, dass für die Heilung – neben medizinischem Know-how – auch die Psyche eine wesentliche Rolle spielt.
Es gibt viele Studien darüber, was sich positiv auf die Psyche von Menschen in Krankenhäusern auswirkt. Neben der Kommunikation mit den Pflegekräften und Ärzten ist es auch die räumliche Umgebung, die erstaunlich positive, wie auch negative Wirkungen haben kann. In Deutschland forscht Architekturpsychologin Prof. Dr. Tanja C. Vollmer von der TU Berlin zu diesem Thema und hat u.a. herausgefunden, dass kranke Menschen eine andere Raumwahrnehmung haben als Gesunde. Und dass Räume, in denen es fehlende Rückzugsmöglichkeiten gibt, die unübersichtlich oder überreizt sind, bewusst oder unbewusst Stress auslösen (Quelle: Ärzteblatt 2017).
Bereits 1984 wies der US-Architekturprofessor Roger Ulrich nach, dass Patienten, die aus ihrem Fenster im Krankenhaus ins Grüne und auf Bäume schauten, weniger Schmerzmittel brauchten und schneller entlassen werden konnten als Patienten, die auf eine Betonmauer blickten.
Hier könnten nun zahlreiche andere Beispiele folgen, die diese Ergebnisse bestätigen und auch von anderen Blickwinkeln beleuchten. Das Wissen darum, heißt aber natürlich noch nicht, dass sich alles schlagartig ändert (siehe Klimawandel). Es ist zum einen ein Prozess des Umdenkens, der sicher seine Zeit braucht. Zum anderen ist es, wie so oft, eine Frage der Wirtschaftlichkeit. Denn wie wir wissen, ist das Gesundheitssystem nicht gerade feudal ausgestattet.
Umso mehr freut es mich, wenn ich Beispiele entdecke, die zeigen, dass es sehr wohl auch anders geht. In Deutschland ist hier u.a. das Münchner Architekturbüro Nickl & Partner aktiv, die das Thema “Healing Architecture” seit Jahren voranbringen. Ein anderes Beispiel ist die in dem Buch “Heilsame Architektur” von Katharina Brichetti und Franz Mechsner (transcript Verlag) vorgestellte Rehabilitationsklinik REHAB in Basel, die 1999 durch das Architekturbüro Herzog & de Meuron ein innovatives neues Gebäudekonzept realisierte.
Anstatt steriler, weißer Krankenhausoptik, wurde hier mit viel Holz, warmen Farben und natürlichem Licht gearbeitet. Mehrere begrünte Innenhöfe und ein vielfältig gestaltetes Gartengelände ermöglichen nicht nur den Blick ins Grüne, sondern das Öffnen von Fenstern und Türen, viel Licht und Luft und das Hinausgehen aus Patienten- und Therapieräumen ins Freie auf geschützte Terrassen. Funktion und Wohlfühlen stellen hier keinen Widerspruch dar, sondern bilden eine Synergie, die sowohl den Patienten, wie auch den Mitarbeitenden zugutekommt.
Fotos: REHAB / Daniel Thoma www.rehab.ch
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Autorin: Maike Kristina Harich